6
Aug
2010

Sorry

Am Abend eines langen Tages, an dem nichts so lief, wie es sollte. Trotzdem brauche ich noch ein Minimum an Konzentration: Mein Rad ist in der Werkstatt, die mir ersatzweise ein Herrenfahrrad geliehen hat. Da kann es fatal ins Auge gehen, wenn ich gewohnheitshalber versuche, vorneherum abzusteigen. Erst anhalten, dann vorsichtig das Bein über den Sattel schwingen, sage ich mir vor. Ganz langsam. Auf der Gasse wimmelt es von Menschen. Ich stehe schon fast, als ich aus dem Augenwinkel einen Mann bemerke. Er stutzt kurz. "Sorry!", sagt er, Aussehen und Aussprache wie aus einem Bollywoodfilm. Ich antworte: "It's okay." Wir lächeln uns zufrieden an, und der Mann kreuzt meinen Weg, zusammen mit einer Frau und einem halbwüchsigen Mädchen. Familienurlaub, denke ich. Und bin stolz auf mich. Normalerweise hätte ich gesagt: "Macht nichts", "Kein Problem" oder gar "Basst scho!". Aber nein, ich erkannte ein Gegenüber, das meine Sprache nicht beherrscht, und blitzschnell rotierten die Sprachchips an die richtige Stelle, um eine adäquate, positiv formulierte Antwort auszuspucken. Schön, wenn an so einem Tag, an dem nichts so läuft, wie es sollte, immerhin auf mein Sprachvermögen Verlass ist.
437 mal gelesen

Alltagsfreuden
Altlasten
Dichtung und Wahrheit
Essen und Trinken
Experimente
Geschichten
Haus- und Handarbeit
Menschen
mobil
music & movies
radicchia 2.0
Reisen
Selma
Stadt und Land
Über mich
Verdammte Technik
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren