Alltagsfreuden

21
Jun
2013

Freitag Nachmittag in Regensburg

Für meine Selbsterfahrung scheue ich keine Herausforderungen. Also betrete ich einen Laden namens "Guiletta - spiritu italiano", dessen Schaufenster ich schon so oft von meinem Lieblings-Inder aus angesehen habe. Heute hängt sogar eine Girlande aus Luftballons vom Flachdach herab, natürlich in den italienischen Nationalfarben. Die Vorboten des Bürgerfests? Verführerisch bunt und luftig sehen sie aus, die Teilchen in dem Laden. Die Preise sind moderat, doch vergeblich suche ich nach einer Größenangabe. Stattdessen ein schlichtes Etikett: "Made in Italy". Die Verkäuferin kann leider auch keine Vorhersage machen, ob mir eines der Teile passen wird - Einheitsgröße sei Dank. Und es ist nicht einfach, durch die mehrlagigen, teils mit der Diebstahlsicherung zusammengetackerten Stoffbahnen zu kommen und auch noch die richtigen Öffnungen für Arme und Kopf zu finden. Kleidungsstücke zum Hineinkriechen. Doch drinnen wird mir schnell zu eng. Warum ich jetzt an Mettwurst denken muss? Nichts für mich. Auch dieser Versuch, mich einem kleinen Shoppingrausch hinzugeben, ist gescheitert. Gleich für mehrere Tage - denn die Innenstadt wird bis Sonntag Nacht für ganz normale Bürger Regensburgs nicht mehr begehbar sein, geschweige denn, befahrbar: Wieder einmal wird ungefähr die Hälfte der Ostbayern nach Regensburg strömen, um sich dort der Trinklust und Völlerei hinzugeben. Als Einwohnerin tue ich gut daran, mich noch auf die richtige Seite der Stadt zu begeben, bevor es losgeht. Sonst könnte das Nachhausekommen erschwert sein.

Mein Schreib-Atelier am westlichen Rand der Altstadt, mit dem Dom in Sichtweite. Aber eben nicht mittendrin. Auf der Straße spielt die Musik: Das charakteristische Geräusch eines einklappenden Fahrradständers. Briefkästen aus Blech, die auf und zugesperrt werden. Gläserklirren, Besteckscheppern. Vögel zwitschern, Kinder plappern. Eine Stimme, die "Entre dos tierras" von Héroes del Silencio mitsingt. Laut und falsch, dafür muttersprachlich. Und von irgendwoher tönt sogar eine Querflöte.
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20
Mai
2013

Gut gewählt

Jede Party ist nur so gut wie ihre Gäste. Offenbar hatte ich gut gewählt :-)
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5
Mai
2013

Über das Schuheputzen

Meine Mutter hat mir das Schuheputzen beigebracht. Auch wenn ich nicht von mir behaupten kann, dass mir diese lästige Pflicht Freude bereitete, gehört sie doch zu den wertvolleren lebenspraktischen Fähigkeiten. Schuhe säubern und trocknen lassen; eincremen, wieder trocknen lassen und beim Glattpolieren die Früchte der mühsamen Arbeit ernten. Zumindest dieser letzte Arbeitsgang ist mit einer gewissen Befriedigung verbunden: Es ist wieder mal geschafft, die Schuhe glänzen. Oft genug - wenn ich es wieder einmal lang hinausgezögert habe - staune ich über die Schönheit meines Schuhwerks. Und wie immer schwindet der Drang, mir Neues kaufen zu wollen: Das Alte war doch klug gewählt, ist haltbar und formschön - so lange es gut gepflegt ist.

Doch was, wenn findige Designer einem einen Strich durch die Rechnung machen? Der allseits in Mode gekommene Vintage-Chick zum Beispiel: Dinge, die wirken, als wären sie in Ehren gealtert. Jeans im Used-Look, Lederjacken die aussehen, als hätten sie schon ein Vierteljahrhundert auf dem brüchigen Buckel, den abgewetzten Ärmeln. Dinge, die einen Charakter vorspiegeln, den sie noch gar nicht erworben haben können.

Wie diese Winterstiefel von Mustang, die ich in einem winzigen Schuhladen am Fuße der Burgruine des kleinen, bezaubernden Ortes Kallmünz erwarb: Faltiges Leder mit einer staubig-verwitterten Oberfläche, das innere Bilder aufsteigen lässt von Cowboys, die tagelang durch menschenleeres Gebiet voranreiten, mit ihren tapferen Pferden durch Flussbetten preschen, dass das Wasser nur so aufspritzt. Mit Stiefeln an den Füßen, die sowohl dem Wasser als auch dem rauhen, sandigen Wind trotzen. Stiefel, die abends vor dem Lagerfeuer ausgezogen und getrocknet werden. Unverwüstliches Schuhwerk, existenzielles Bekleidungsstück in einer rauen Umgebung.

Was passiert nun, wenn man diesen Stiefeln mit Wasser, Seife und Schuhcreme zu Leibe rückt? Richtig: Am Ende glänzen sie, aber die Falten sind zum Glück immer noch da. Bleibt zu hoffen, dass sie durch Gebrauch, Vernachlässigung und Tausalz wieder jene wild-romantische, cowboymäßige Patina annehmen, die ihnen zusteht.
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5
Apr
2013

Was ist Glück?

Glück ist die Kruste am frischen Brot
Glück ist Bayern 5 am Feiertag: Notizen aus...
Glück ist Wien, dort wo es häßlich ist
Glück ist, in einer Schreibgruppe aufgehoben zu sein
Glück ist Bayern 2 im Interview, Eins zu eins
Glück ist, aus den Resten im Kühlschrank etwas Essbares zu zaubern
Glück ist Wandern in den Weinbergern, hoch über dem Rhein
Glück ist Klassikradio hören und entspannt bleiben
Glück ist Zugfahren - Ankommen manchmal Glücksache
Glück ist Nordlicht am Strand
Glück ist Bayern 1 Am Abend in der Stube
Glück ist ein Fahrrad mit vollgepumpten Reifen und geschmierter Kette
Glück ist das Zwitschern und Flöten der Vögel vor und nach dem Regen
Glück ist, die Wärme der weichen Bettdecke an den Fußsohlen spüren
Glück ist ein Roman und eine Tasse Kakao
Glück ist auf eigenen Füßen zu stehen
Glück ist Reisen in der Phantasie
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13
Jan
2013

Besen mit Sti(e)l

Ein eigenes Atelier zum Schreiben, das bedeutet auch: Ein zusätzlicher Raum, der hin und wieder saubergemacht werden muss. Einen zweiten Staubsauger wollte ich nicht, ein Teppichdackel kam wegen des glatten Bodens (übrigens in einem warmen Gelbton gehalten und da und dort von Farbklecksen meiner malenden Vorgängerinnen geziert) nicht in Frage. Deshalb trat ich eines Tages durch die Ladentür der Bürstenmanufaktur Ernst und ließ mir eine Auswahl schönster Kehrbesen zeigen, Beratung inklusive. Ich entschied mich für ein Rosshaarmodell. Dazu ein Stiel, in den mir die nette Fachverkäuferin für Reinigungsmittel und -geräte gleich noch ein Loch bohrte, denn: "Auf keinen Fall dürfen Sie den Besen in die Ecke stellen, sonst gehen die Borsten kaputt. Sie müssen ihn aufhängen." Gesagt, getan. In meiner Abstellnische hängen nun ein großer und ein kleiner Besen borstenschonend an der Wand, dazu eine schöne Kehrschaufel aus Blech. Die ganze Ausstattung in etwa so teuer wie ein kleiner Staubsauger. Doch wenn ich Grupo Sal auflege und mit dem Besen durchs Atelier wirble, fehlt mir nichts.
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21
Dez
2012

Die Welt ist unter...

... einer Schneedecke verschwunden! Wattig, weiß und unschuldig. Noch. Wer weiß, wie schnell sie sich wieder in Matsch verwandelt. Das heißt: Heute zu Fuß zu Arbeit und Schneeschippen vor dem Atelier. Gottseidank Freitag! Euch allen einen schönen Start ins Weihnachtswochenende.
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9
Nov
2012

Dialog von Mülltonnen an Hauswand

- Rrrps, ist mir übel!
Warum das denn? Gestern zu viel geschluckt?
- Nee, natürlich nicht. Aber bei dem, was die gestern wieder in mich reingestopft haben, muss einem ja schlecht werden.
Was soll ich denn da sagen, ich krieg nicht mal mehr den Deckel zu.
- Das merkt man. Du stinkst.
Kann ich doch nix für. Ach, das waren Zeiten, als wir noch saubere Zeitungen und bunte Plastiktüten zu essen kriegten!
- Quatsch keinen Müll! So alt bist du auch wieder nicht, dass du das miterlebt hättest.
Ich nicht, aber meine Oma. Die war aus gutem, verzinktem Stahl und man konnte sogar Feuer in ihr machen, ohne dass sie eine Miene verzogen hätte.
- Hey, schau mal, da kommen die Müllmänner! Ich fass es nicht, da ist auch wieder dieser verdammt gut aussehende, gut gebaute Blonde mit dabei! Ich freu mich schon auf's Hochgehobenwerden, und dann spucke ich das ganze Zeug in den Bauch vom Müllauto, und alles ist gut...
Bei mir nicht, ich hab Höhenangst! Das ist die Hölle, sag ich dir. Und dann das Geschüttel, da kotz ich mir jedes Mal die Seele aus dem Leib.
-Na und?
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3
Nov
2012

Das ewige Leben meines Druckers

A propos beschriebene, beziehungsweise bedruckte Blätter: Vor über 10 Jahren (!) habe ich in einen damals sauteuren Laserdrucker investiert, 429 Euro für einen Brother HL-1450. Er läuft und läuft und läuft... Und gerade habe ich gelernt, wie ich eine so genannte Konfigurationsliste ausdrucken kann (ganz einfach über das Menü des Druckertreibers). Rechts oben die Seitenzahl: 17 554 Seiten hat er jetzt auf dem Buckel. Letztes Jahr brauchte ich erstmals eine neue Trommel (Toner hat er allerdings schon etwas mehr verbraucht).

Keine große Sache, das. Oder? Trotzdem, ich liebe es einfach, wenn gute Dinge lange halten.
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1
Nov
2012

Kein unbeschriebenes Blatt

Hurra, mein Whiteboard ist da!Sogar die Lieferung ins Atelier hat geklappt. Es wäre schwierig geworden, das Ding (120 x 90 cm) auf dem Fahrrad nach Hause zu transportieren! Ich freu mich schon aufs Bohren und Schrauben am Wochenende. Dann kann ich meine Ideen magnetisch an die Wand pinnen und / oder nach Herzenslust auf der weißen Fläche herumkritzeln.

Bestellt habe ich über ebay. Und prompt eine Bewertung erhalten, wie auch für zwei, drei andere Transaktionen in den letzten Tagen. Und sie sind ziemlich ähnlich ausgefallen. Die Bewertungen beginnen mit Seriöser Käufer... - das ist schön. Doch ich frage mich: Gibt es bei ebay so etwas wie einen Zeugnis-Code? Zum Beispiel: Bemühte sich um pünktliche Zahlung und einen angenehmen Umgangston?

Obwohl ich nur alle paar Monaten einmal etwas über die Online-Plattform kaufe, bin ich dank Bewertungssystem für die Anbieter kein unbeschriebenes Blatt. Mein Whiteboard hat es besser. Es ist makellos weiß. Noch.
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31
Okt
2012

Gemeinheit ist...

...an Halloween die letzten Schokoladen-Osterhasen aus dem Fenster zu werfen, wenn es klingelt.
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