Altlasten

2
Mai
2011

Tod eines Phantoms

Mubarakosamabinladen
zweitausendelfterseptember
kopfgeldfeuergefecht
wer bekommt jetzt
die fünfzig millionen?
874 mal gelesen

13
Mrz
2011

fukushima à la carte

zu tisch!
heut essen wir
fallout-filets
im kern zartschmelzende
cocktailtomaten
an dampfgegartem
reis
dazu
blutroten wein
vom herben schlag
kein trinkspruch jetzt
zur lage
962 mal gelesen

17
Feb
2011

Geplante Obsoleszenz

Es gibt Haushaltsgegenstände, die halten ein halbes Leben lang. Zum Beispiel die Fissler-Bratpfanne, die meine Mutter zur Hochzeit geschenkt bekam. Irgendwann kaufte sie dann eine neue Pfanne. Und dann wieder eine. Und wieder... Die alte Pfanne lagert womöglich immer noch in einem Schrank, in Ehren gealtert, aber noch gut beieinander. Und wie war das mit dem steinalten Toaster, dessen Nachfolger bei der ersten oder zweiten Benutzung in Flammen aufging?

Ich beobachte das Phänomen schon länger: Alte Dinge halten oft Jahrzehnte. Ersetzt man sie, halten sie kaum über die gesetzliche Gewährleistungsfrist hinaus. Kann das noch Zufall sein?

Nein. Das Phänomen heißt "Geplante Obsoleszenz", erklärt mir eine wirklich sehenswerte Fernsehsendung namens "Kaufen für die Müllhalde". Sie lief am 15. Februar 2011 auf ARTE und ist hier abrufbar. Sie zeigt nicht nur das Beispiel von Marcos aus Barcelona, dessen streikender Drucker angeblich nicht mehr reparabel ist, sondern auch die Auswirkungen kritiklosen Konsums von PCs und elektronischem Spielzeug. Diese Produkte sind oft "designed to fail", oder zumindest ist eine Reparatur für den, der sich nicht auskennt, teuer oder schlicht unmöglich. Große Mengen unseres Elektronikschrotts landen schließlich in Afrika. Kinder und Jugendliche bergen die Wertstoffe aus den Schrotthaufen. Reich werden sie davon nicht, stattdessen ruinieren sie sich die Gesundheit.

Der Film berichtet auch über das Phöbuskartell in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals sollen sich führende Glühlampenhersteller auf eine Begrenzung der Lebensdauer von Glühlampen auf 1000 Stunden geeinigt haben. Denn haltbare Produkte sorgen für magere Absatzzahlen. Geplante Obsoleszenz kurbelt den Konsum an und sorgt - angeblich - für Wirtschaftswachstum, mehr Arbeitsplätze, Wohlstand und so weiter... Wo kämen wir hin, wenn jedes Produkt so lange halten würde wie die Glühlampe im kalifornischen Livermore: 1901 wurde sie dort im Feuerwehrhaus installiert und leuchtet seither mit wenigen Unterbrechungen. Sogar umgezogen ist sie schon. Nur die Webcams, die sie beobachten, wurden schon mehrmals Opfer der geplanten Obsoleszenz.
1530 mal gelesen

10
Jan
2011

Poäng ist weg

In Paris ist es üblich, nicht mehr benötigtes Mobiliar auf der Straße vor dem Haus abzustellen, von wo es alsbald auch verschwindet. Eine gängige Methode, alte Waschmaschinen oder Omas Sofa in neue Hände abzugeben. Gestern nun entdeckte ich hier in Winterthur auf der gegenüberliegenden Straßenseite Poäng - das schichtverleimte Birkenholz einladend warm nachgedunkelt, die helle Auflage gut in Schuss. Die darunterliegende Bespannung wies nur ein paar Flecken auf, und unter dem Polster befanden sich genügend Krumen, um ein Schweinchen über den Winter zu bringen - eine Haustierrasse, die sich in Schweizer Haushalten zunehmender Beliebtheit erfreut. So jedenfalls meldete es die Neue Zürcher Zeitung am 26. Dezember. Nun habe ich aber weder ein Haustier noch war ich sicher, ob Poäng zunächst in Dornröschens Kofferraum und dann in meinem schweinchenlosen Haushalt Platz finden würde, und vielleicht gab es ja in der Umgebung studentische oder sonstige Lebensformen, denen der bequeme Sessel gefallen würde. Doch am Abend stand er immer noch da, an einem Müllcontainer schräg gestellt und mit vom Regen vollgesogenem Polster - trotz des Zettels, der "Zum Mitnehmen!" einlud. Heute Morgen war Poäng verschwunden. Ob sein ehemaliger Besitzer ihn wieder an sich genommen hat? Oder es fand sich doch noch jemand, der den Sessel als gemütlichen Liegeplatz für sein Hausschweinchen entdeckte.
888 mal gelesen

27
Sep
2010

Ankommen

Ich weiß, wie es sich anfühlt zu fliegen, und mehr noch: Wie es ist, in der Dunkelheit aus großer Höhe herab zu fallen. Diejenigen, die vor mir unten ankamen, richteten großen Schaden an. Wo vorher Scheunen, Fabriken, Schulen waren, ließen sie Trichter und Trümmer zurück. Zwischen Angst und Aufregung stürzte ich dem Augenblick entgegen, in dem es auch bei mir so weit wäre. Und dann geschah – nichts. Ich plumpste zu Boden und blieb am Rand eines Feldes liegen; nicht mal eine Ackermaus erschlug ich dabei. Bald bedeckte mich Erde und später der Bahndamm. Die Menschen wollten mich und die meinen schnell vergessen. So lag ich lange Zeit dicht unter der Oberfläche, Kälte, Rost und Regen zehrten von mir. Die vorüber rollenden Züge ließen mich sachte erzittern.
Dann kamen die Bagger.
Kaum hatte ich das Licht der Welt erblickt, wurde ich von neuem empor gehoben und zeigte Mensch und Maschine meine Kraft.

entstanden im Kurs Poetik II, Wiener Schreibpädagogik, 25.09.2010
923 mal gelesen

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