19
Okt
2010

In mir ist eine Landschaft

Jedes Mal, wenn ich über die Autobahn auf Regensburg zufahre, dann wird mir klar: In mir ist eine Landschaft, keine Stadt. Die orangefarbenen Lichter des Uniklinikums, die Skyline von Königswiesen, kühne Brücken und lang gezogene Autobahnabfahrten weisen mir den Weg nach Hause. Und doch wird mir jedes Mal ein bisschen flau, wenn ich wieder in den Stadtverkehr eintauche, und die Lichter geben mir nie das heimelige Gefühl, das mich zum Beispiel bei einem Sonnenuntergang über den Hügelketten des Vorwaldes überkommt. Besonders deutlich wurde das im letzten Urlaub, als ich mit der Tangotänzerin unterwegs war. Sie ist autotechnisch in der Stadt sozialisiert, meistert Mailand und Verona souverän, während mir der Schweiß ausbricht. Dagegen überlässt sie mir nur zu bereitwillig das Steuer auf den kleinen, schnuckeligen Bergstraßen. Eine ideale Urlaubspartnerschaft!
Städte können mich durchaus faszinieren. London, Lissabon, Kopenhagen, Paris. Und Berlin liebe ich sowieso. Doch wirkliche Erholung finde ich nur in der Weite einer Landschaft. Almiges Glockengeläut, Meeresbrisen, mystische Nebelwälder, Gewittergewalten im Hochgebirge. Hier spüre ich, woraus die Erde gemacht ist, und wie beschützt ich im Grunde bin. Wenn draußen der Sturm heult, kann ich drin sitzen mit einem Buch und einer Kanne Tee. Scheint die Sonne, sitze ich vielleicht draußen am Wanderweg auf einer Brotzeitbank.
In einem Museum, einem Kaufhaus ist es egal, wie draußen das Wetter ist und machmal sogar, in welcher Stadt ich bin. Und je länger ich mich in einer Stadt aufhalte, desto mehr zieht es mich in die Parks, diese steinumschlossenen Landschaftsinseln im urbanen Ozean. Dort kann ich sitzen und mich der Sehnsucht nach Landschaften hingeben, meine inneren Landschaften schauen. Manchmal bin ich eine Wiese voller Glockenblumen, manchmal Gletschereis; und ich bin mit Inseln bestückt. Sie haben immer einen Steg, der durch Schilf auf Land führt.
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