18
Jul
2012

Über die Weltraumfahrt

Raumfahrt tut not: Kommunikation und Klimaforschung, Erdbeben- und Tsunamiwarnsysteme oder schlicht Navigation. Da möchte man meinen, dass die Weltraumfahrt größte Priorität zumindest bei den größeren, industriell entwickelten Ländern genießt. Doch es ist kurios: Russland hat Raketen, aber keinen Startplatz - seit dem Zerfall der Sowjetunion ist Kasachstan ein eigener Staat, und der lässt sich die Nutzung des Weltraumbahnhofs Baikonur natürlich gut bezahlen. Außerdem, welcher Oligarch möchte schon gern von einem anderen abhängig sein? Das neue Kosmodrom Vostochny (das bedeutet östlich) in Russlands Grenzregion zu China ist aber noch nicht fertig. In Afrika und Südamerika hingegen herrschen zwar gute Voraussetzungen - für einen Start ins All sind die Nähe zum Äquator und möglichst unbewohnte Gebiete drumherum Bedingung -, aber es fehlt die Technologie. Wie gut, dass es, dem Kolonialwesen sei Dank, in Südamerika ein Stückchen Frankreich gibt: Das Übersee-Departement Französisch-Guayana mit dem europäischen Raumhafen Kourou. Von hier aus startet Ariane, die europäische Trägerrakete. Inzwischen sind wir bei Ariane 5 angekommen. Sie bringt zum Beispiel auch das ATV ins Weltall, das Automated Transfer Vehicle - einen Weltraumfrachter, der die Internationale Weltraumstation ISS mit Nachschub versorgt. Die Menschen, die derzeit dort oben arbeiten, sind im übrigen auf die russische Sojus angewiesen, um zur Erde zurückzukehren. Seit gestern befinden sich sogar drei neue Kollegen an Bord der ISS, die in einer Sojus an die Raumstation andockten. Die bemannte (oder bemenschte) Raumfahrt der USA hingegen ist vorerst Geschichte - das Space Shuttle Programm wurde vor gut einem Jahr eingestellt. Zum Glück gibt es ja noch die Chinesen, die sich mit Hilfe russischer Experten europäischer und sowjetischer Technik bedienen. Oder die Inder, deren Raumfahrzeuge Currys aus Komponenten verschiedenster Herkunft sind. Und wenn eine runterfällt, wird diskutiert, ob deutsche Technik schuld daran ist. Hier wird die bemannte Raumfahrt etwas warten müssen, doch die Inder wollen zum Mars.
Raumfahrtprogramme prägen das Prestige einer Nation - spätestens seit Kennedys "We choose to go to the moon" vor fünfzig Jahren. Umso erstaunlicher, dass Amerika den Anspruch der bemannten Raumfahrt aufgegeben hat. Vielleicht aber auch ein Zeichen der Annäherung: Russische Technik, die an einer Internationalen Raumstation andockt, mit einer Besatzung, die vor Diversität nur so strotzt - ein Japaner, drei Russen, eine US-Amerikanerin slowenisch-indischer Herkunft und noch ein amerikanischer Kollege - Männer und Frauen, Menschen aus Ost und West. Da bleibt nur zu wünschen: Weiter so und mehr Kooperation statt Klein-Klein, und Konkurrenz nur noch um der Weiterentwicklung willen. Vielleicht können wir, die Erdbevölkerung, uns wirklich irgendwann aufeinander verlassen.

Und wer es genauer wissen will - wer welche Raketen hat, wann sie starten und ob zum Beispiel der Iran ebenfalls ins All strebt -, kann das alles und noch viel mehr hier nachlesen und mitdiskutieren: www.raumfahrer.net

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