27
Apr
2013

Sólo le pido a dios...

Manchmal habe ich eine bestimmte Melodie im Kopf, meist von einem Album, das ich vor langer Zeit gekauft und damals eine Weile in Endlos-Schleife gehört habe. So wie heute: Ich sitze auf dem Fahrrad und bin auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause, radle unter violettem Himmel dahin. Ein leichter Frühlingsregen geht auf mich nieder, kaum gedämpft von dem noch puscheligen hellgrünen Blätterdach der Allee. Ich höre die Melodie im Kopf, es dauert einen Moment, bis ich sie zuordnen kann. Warum gerade Mercedes Sosa? Vielleicht, weil ich im Bildungszentrum in Nürnberg während der Nachmittagspause schnell in das Café im Erdgeschoss schlüpfte, um mir von der kubanischen Bedienung einen Milchkaffee zum Mitnehmen geben zu lassen? Fröhlich tanzt sie um die italienische Siebträgermaschine und entlockt ihr, während sie den Refrain des vermutlich kubanischen Liedes mitträllert, leckeren Kaffee. So wie sie ihn serviert, scheint alles ein großer Spaß zu sein, das Leben, die Arbeit im Café mit ihrer ebenfalls dunkelhäutigen Kollegin. Beide albern herum, lächeln mich an.

Vielleicht bekam ich deshalb auf dem Heimweg Lust auf lateinamerikanische Musik. Doch das Lied in meinem Kopf erzeugt eine ganz andere Stimmung: Langsamer, schwermütiger, majestätisch, gebieterisch fast erklingt die Stimme der Argentinierin Mercedes Sosa. Sólo le pido a dios, im Duett mit León Gieco, der dieses Protestlied gegen die argentinische Militärdiktatur textete und komponierte. Nur um eines bitte ich Gott: Dass der Schmerz, die Ungerechtigkeit, der Krieg mir niemals gleichgültig sein mögen...

Für dieses Lied wurde Mercedes Sosa 1979 samt Publikum verhaftet; anschließend floh sie über Paris nach Madrid. Erst 1982 konnte sie nach Argentinien zurückkehren.
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